E-Commerce und Video sorgen für schnellere Erholung des weltweiten Werbemarktes

2020-12-07

E-Commerce und Video sorgen für schnellere Erholung des weltweiten Werbemarktes

  • Die globalen Werbeausgaben werden laut den aktuellen Zenith Advertising Expenditure Forecasts im Jahr 2020 um 7,5 Prozent zurückgehen. Im Juli lag die Prognose noch bei einem Minus von 9,1 Prozent
  • Der generelle Boom von E-Commerce bewirkt sogar ein Wachstum von 1,4 Prozent bei den digitalen Werbeausgaben
  • Retail-Media-Kanäle wachsen um 46 Prozent
  • Deutscher Werbemarkt wird 2022 das Niveau von 2019 wieder erreichen.

Der weltweite Werbemarkt erholt sich schneller als erwartet von dem durch die Coronavirus-Pandemie verursachten schweren Einbruch im 2. Quartal. Die globalen Werbeausgaben werden laut den aktuellen Zenith Advertising Expenditure Forecasts im Jahr 2020 um 7,5 Prozent auf 585 Milliarden US-Dollar zurückgehen. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Juli-Forecast, der noch einen Rückgang von 9,1 Prozent vorhersagte.

Zenith prognostiziert für das Jahr 2021 eine Steigerung der globalen Werbeinvestitionen um 5,6 Prozent auf 620 Milliarden US-Dollar. Begünstigt wird dieses Wachstum auch durch die mit einem Jahr Verzögerung stattfindenden Olympischen Sommerspiele sowie die Fussball-Europameisterschaft. Trotz dieses Anstiegs wird das 2019er-Niveau der Werbeinvestitionen im kommenden Jahr noch nicht wieder erreicht werden. Auf diesem Level wird der globale Werbemarkt erst 2022 wieder sein, wenn die Werbeausgaben nochmals um weitere 5,2 Prozent steigen werden. Trotz dieser Erholung hinterlässt die Pandemie eine deutliche Wachstumsdelle.

Diese Prognosen gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft mit der Einführung der COVID-19-Impfstoffe im Jahr 2021 in eine Phase der nachhaltigen Erholung eintreten wird – dennoch besteht weiterhin eine gewisse Unsicherheit darüber, wie schnell diese Erholung sein wird.

Die digitale Transformation der Unternehmen fördert auch die digitale Werbung

Zenith prognostiziert, dass die weltweiten digitalen Werbeausgaben im Jahr 2020 um 1,4 Prozent steigen werden. Der digitale Anteil an den gesamten Werbeinvestitionen steigt damit auf 52 Prozent; 2019 waren es noch 48 Prozent. Die Pandemie hat die Unternehmen gezwungen, ihre digitale Transformation zu beschleunigen. E-Commerce hat sich als wichtiges Instrument erwiesen, um die Beziehungen zu Konsumenten aufrechtzuerhalten, den Absatzverlust im stationären Handel zu mindern und sogar neue Kunden zu gewinnen. Euromonitor International prognostiziert, dass die E-Commerce-Verkäufe in diesem Jahr um 25 Prozent zunehmen werden, während der Umsatz im stationären Handel um 5 Prozent zurückgeht. Die Unternehmen haben ihre Werbeausgaben in digitalen Kanälen erhöht, um den Traffic zu ihren eigenen E-Commerce-Shops und zu Partnerplattformen zu fördern. Dabei wurde vor allem in Search (+8% Wachstum in 2020) und in Social Media (+14 Prozent) stark investiert.

Es ist nicht zu erwarten, dass E-Commerce wieder an Bedeutung verliert, sobald sich die Welt von der Coronavirus-Pandemie erholt hat. Da die digitale Transformation ihren Nutzen während der Pandemie deutlich bewiesen hat, werden die Unternehmen diese wahrscheinlich umso energischer vorantreiben. Damit wird auch der Anteil der digitalen Werbeinvestitionen weiter ansteigen. Zenith prognostiziert, dass die digitale Werbung bis 2023 58 Prozent der weltweiten Werbeausgaben ausmachen wird.

Online-Video beflügelt Werbung

Die Sehgewohnheiten der Verbraucher haben sich weltweit, aber auch in Deutschland seit Jahren in Richtung On-Demand-Nutzung entwickelt. 2020 hat sich diese Entwicklung deutlich beschleunigt. Online-Video-Plattformen profitieren coronabedingt von wachsenden Abonnentenzahlen. Dazu gezwungen mehr Zeit zu Hause zu verbringen, strömten die Verbraucher zu bestehenden Subscription-Video-on-Demand-Plattformen (SVOD) wie Netflix, das im ersten Halbjahr weltweit 25 Millionen neue Abonnenten gewann, und zu neuen wie Disney+, das sein Fünfjahres-Wachstumsziel international in nur neun Monaten erreichte.

Das deutsche Publikum passt sich mehr und mehr den internationalen Nutzungstrends an und ist bereit, für SOVD oder AVOD (Advertising-Video-on-Demand) ein Haushaltsbudget bereitzustellen. Dementsprechend reagieren die Advertiser mit steigender Nachfrage für Werbefläche in werbefinanzierten deutschen AVOD-Plattformen wie z.B. JOYN (ProSiebenSat.1) oder TVnow (RTL Gruppe). Als Webapplikation für Desktop oder Mobile schon etabliert, wächst deren App-Nutzung auch auf den internetfähigen TV-Geräten.

Retail Media lenken Budgets auf Werbung um

Der sprunghafte Anstieg des E-Commerce in diesem Jahr führte zu einer rasch wachsenden Nachfrage an Retail-Media – damit sind Werbung oder Suchanzeigen auf Handelsplattformen gemeint, die Konsumenten auf dort zum Kauf angebotene Produkte hinweisen. Dies ist in China bereits ein relativ gut etablierter Werbekanal, hat aber andernorts noch großes Wachstumspotenzial. Marken bezahlen diese sehr wirksamen Platzierungen in der Regel aus Budgets, die für Verhandlungen mit Händlern vorgesehen sind und nicht aus Marketingbudgets. Dieser Werbekanal kann daher wachsen, ohne bestehende Werbeausgaben zu kannibalisieren. Amazon ist der prominenteste Anbieter von Retail Media außerhalb Chinas, und dessen Einnahmen stiegen im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr jedes Quartal um mehr als 40 Prozent.

Retail Media haben global ein enormes Wachstumspotenzial, da ihr Marktanteil weltweit derzeit mit drei Prozent nur knapp ein Sechstel des chinesischen Niveaus (19 Prozent) erzielt. Zenith schätzt, das Retail-Media Volumen 2019 auf 35 Milliarden US-Dollar. 2020 werden es bereits 51 Milliarden US-Dollar sein, also 46 Prozent mehr als im Vorjahr.

„Retail-Plattformen finanzieren ihr Wachstum, indem sie Druck auf die Margen der Marken ausüben. Der Fokus auf Preiskämpfe und verbesserte User Experience kommt den Konsumenten zugute, wobei die Marken die Kosten tragen“, sagt Ali Nehme, Global Chief Commerce Officer, Publicis Groupe. „In einem solchen Szenario müssen die Marken ihre eigene Macht ausspielen, indem sie Handelspartner auswählen, die einerseits nachweisbaren Mehrwert durch transparente Daten und Messmethoden bieten und andererseits auch über die entsprechende Kundschaft verfügen, um das Wachstum der Marken zu ermöglichen.“

Der asiatisch-pazifische Raum sowie Mittel- und Osteuropa als Vorreiter des Aufschwungs

Sowohl für den asiatisch-pazifischen Raum als auch für Mittel- und Osteuropa wird prognostiziert, dass die Werbeausgaben bereits 2021 wieder auf das Niveau von 2019 zurückkehren werden. Die erfolgreiche Eindämmung von COVID-19-Infektionen in vielen Märkten des asiatisch-pazifischen Raums hat den wirtschaftlichen Schaden begrenzt und in der Region die Grundlagen für eine rasche Erholung im Jahr 2021 geschaffen. Die Länder Mittel- und Osteuropas haben im Allgemeinen zwar stärker unter der Krise gelitten, aber ihre Werbemärkte sind weniger entwickelt. Dadurch haben sie in der Regel aber auch eher höhere Wachstumsraten. Zenith prognostiziert, dass die Werbemärkte in beiden Regionen im Jahr 2020 um 6 Prozent schrumpfen und im Jahr 2021 um 7 Prozent wachsen werden.

Der Werbemarkt in Nordamerika hat sich in diesem Jahr besser geschlagen als jede andere Region der Welt und wird den Prognosen zufolge im Jahr 2020 nur um 5,3 Prozent schrumpfen. Das ist aber zum Teil auf die sehr hohen Werbeausgaben im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen zurückzuführen. Da die politische Werbung im kommenden Jahr praktisch wegfällt, prognostiziert Zenith für 2021 in der Region nur ein Wachstum von 3,3 Prozent. 2022 wird der Werbemarkt dann wieder um 4,5 Prozent wachsen, damit wäre dann auch in Nordamerika wieder das Niveau vor der Pandemie erreicht.

Die Werbemärkte in Westeuropa, Lateinamerika sowie im Nahen Osten und Nordafrika (MENA) werden in diesem Jahr voraussichtlich um 12,3 Prozent, 13,8 Prozent bzw. 20,0 Prozent schrumpfen. Westeuropa wird erst 2023 wieder das Werbeausgabenniveau von 2019 erreichen.

„Der globale Werbemarkt hat sich im Laufe des Jahres von seinem Tiefpunkt im 2. Quartal erholt“, sagt Jonathan Barnard, Leiter der Prognoseabteilung von Zenith. „Die Aussicht auf mehrere wirksame Impfstoffe stimmt uns zuversichtlich, dass sich das Wachstum des Werbemarkts im Jahr 2021 und darüber hinaus fortsetzt und der Markt 2022 wieder das Niveau von 2019 erreicht.“

 

20201207 AEF DE